Freitag, 7. Juli 2017

Der Bensheimer Nordosten in Ansichtskarten - ein Rucksack voller Geld, alles voller Weinberge, gute und billige Übernachtungen

Heute einmal vier verschiedene Ansichten – genauer gesagt Teilansichten – von Bensheim. Eine gern gewählte Perspektive, die auch schon in anderen Beiträgen so oder so ähnlich gezeigt wurde. 

Achten Sie einmal auf den Hintergrund, die Weinberge, die heute vollkommen bewaldet sind. Die alte Kirche...

Die erste Karte, vielmehr der Text, deutet auf den provinziellen Charakters Bensheim hin, denn Andreas schreibt an einen gewissen Johann Speicher, Derlerstraße 66 in Püttlingen (Saar):
„09.09.1923, 10 Uhr vormittags; Wir haben hier gut, fein & sehr billig übernachtet. Wir kommen gerade aus der Kirche. Hier bekommen wir kein Francs gewechselt. Aber jetzt geht’s nach Heidelberg, da ist was zu machen & zwar mit dem schnellsten Zuge. Ich habe noch kein Stück von meinem Brote abgeschnitten. Gruß Andreas / Gruß Peter - Andi hat den halben Rucksack voll Geld.“
Verlag: C.S.H.


Ein Komplott, ein Verbrechen? 

Den halben Rucksack voller Geld? 

Francs in Deutschland umtauschen?


Nein, kein Verbrechen! Wir schreiben das Jahr 1923 und die Weltwirtschaftskrise hat Deutschland erfasst. Die Hyperinflation greift um sich. „Immer schneller verzehnfachte sich die Abwertung gegenüber dem US-Dollar, bis schließlich im November 1923 der Kurs für 1 US-Dollar 4,2 Billionen Mark entsprach. Die Hyperinflation sorgte für einen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft und des Bankensystems. Zwei komplette Auflagen von 1000 Mark- und 5000 Mark-Banknoten konnten Anfang 1923 nicht mehr in Umlauf gebracht werden, sie mussten Ende 1923 mit „1 Milliarde“ und „500 Milliarde“-Aufdrucken verwendet werden.“

Und warum Francs tauschen? Das Saarland war seit 1920 unter französischer Verwaltung… so wollte es der Völkerbund.

Die zweite Karte, die zeitlich - vom Absender und aufgrund der Darstellungstechnik - früher einzuordnen ist, zeigt eine romantisierende Darstellung Bensheims. Der südlichere Teil fehlt, man sieht nur den Turm der evangelischen Kirche und den des Rodensteiner Hofes. Die Titulierung "Bensheimer Nordosten" ist aufgrund der Größe Bensheims und der dargestellten Bereiche auch nicht ganz korrekt: Wir sehen den Norden Bensheims!

Die Karte wurde von einem gewissen Musketier (ein Dienstgrad in der preußischen Armee) Preller an einen Kameraden gesandt.

Verlag: Kunstanstalt Rosenblatt, Frankfurt a. M.


Die dritte Karte stammt aus den 1930er Jahren und ist 1940 gelaufen. Der Text ist weniger spektakulär, auch wenn der Zweite Weltkrieg bereits begonnen hat.

Verlag: Robert Obst, Postkartenverlag und Papierhandlung, Bensheim a.d.B.

Die vierte Karte zeigt die bereits aus dem Beitrag "Baumschulstraße 13 und Teilansicht Nordosten" bekannte Ansicht, sie soll aber hier nicht unterschlagen werden.

Verlag: Foto Karsten München

Vielen Dank an Herrn Kühnreich für die Aufnahmen.

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